Ich singe. Steht mir bey, ihr Musen.
Apollo stimm das heischre Rohr,
begeistre mich, entflamm den Busen,
spiel nur ein Probestückchen vor.
Gieb mir den Stoff, die Melodie
zum herrlichen Krambambuli.Christoph Friedrich Wedekind (1745) aka Crescentius Coromandel
Jeder hat schon mal gelacht, nur noch nicht über alles. Deswegen: Es folgen nun zwei Teile Lesestoff, das bildet: Die Kür ist mein Erfahrungsbericht. Die Challenge ist die Bitte an den geneigten Leser, mit Vorschlägen in weltbewegenden Kommentaren die Welt ein Stück zu verbessern. Insgeheim hoffe ich auf eine Art Internett, das über das bloße Digitalbildchen teilen weit hinausgeht. Ihr wisst schon: Nettzwergen! Nette Idee?
In aller Kürze vorweg: Häufig haben wir für eine einfache Sache Wortfindungsstörungen so wie beim abendlichen Familien-Scrabble (bekannt ist “der Schwanzhund” – Loriot – RIP). Die einfachste Sache kann keinen klaren Namen haben. Wie die Band ohne Namen. Oder dies Kundentrenndings an der Supermarktkasse. Man muss danach erst suchen: Wie soll man zu einem Mixgetränk aus Wasser und unterschiedlichen Zutaten sagen?
Home browen by Tulip oder performed limonade out of the sewcase (Nähkästchen)? Wasserplörre vom gemüsigen Fruchtfleisch?
Oder wie der saarländische Gastronomiekritiker Rolf Klöckner entsätzt (sprachlos) sichtete und es als braune Plörre bezeichnete, ein seiner Meinung nach widerlich rassistisch bezeichnetes Dunkelbier namens Black Bitch. Viel schlimmer aber ist: Das Bierimperium schlug zurück. Im Rechtsstreit mit dem vermeintlichen Brau(n)haus über die Biermarke“Black Bitch” entschied das saarländische Landgericht, man dürfe Black Bitch nicht eine braune Plörre nennen. Bei Interesse verfolgt Klöckners Kampf gegen rassistisch anmutende Produktnamen. Ich trink schon mal nen eisgekühlten Plörrelunder auf Rolf, den aufrechten Recken. Ganz so wie Udo Lindenberg, der aktuell gegen Tönnies Massenschlachtfleisch (Er macht sein Ding.) beckmessert, zu recht. Auf Rolf und Udo: Plörrelunder eisgekühlt.
Unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits, dessen Ende im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht klar kommuniziert wurde, hat das Brauhaus damit keinen Gefallen getan. Bekanntlich ist jede Erwähnung positiv wie negativ ein Aufmerksamkeitscluster. Schon erwägt der Brauhauschef, die Plörre umzubenennen. Richtig so. Der bereits bekannte Entwurf des neuen Namens ist allerdings nicht gescheiter. Pardon, aber eventuell gescheiterter.
…
Wenn diese Geschichte beginnt zu laufen, ist dieser Wasserspender, von dem es auch von anderen Firmen welche gibt, der Dreh- und Angelpunkt, ja der Aufhänger für diese ergiebig ausformulierte Kurzgeschichte. Deswegen gibt es auf dieser Website auch keine Ad Links, also Produktverlinkungen, damit ich heimlich Provisionen kassiere. Wir merken uns als Credo: „Lasse laufen.“
Die Kür
Kürzlich waren wir, wie im Grunde genommen viel zu selten, bei unseren Freunden Dina und Thomas zuhaus. Dina hat vor längerer Zeit einen Seifenspender deluxe für Kaltwassergetränke erstanden. Auf Nachfrage verriet sie mir, TK Maxx sei eine der besten Einkaufsquellen für diese Großgeräte des Getränketrunks. Sie fassen Flüssigkeiten von ca. 4 Liter bis zu 8 Liter, je nach Modell, haben einen Zapf- bzw. Ablasshahn und nur die wenigsten von ihnen verfügen über einen Wetterhahn. (Klicke hier aufs Titelbild). Was folgt, werden wir künftig als den ätherischen Speichelfluss kennenlernen. Trinkt viel, trinkt mehr.
Mein 8 Liter-Modell ist, was ich stets benötige, ich bin ein Mann: Vom Größten das Beste. Nicht sonderlich teuer, erstand ich es bar jeglicher Political Correctness vom reichsten Mann der Welt, Jeff Bezzos. Den Shitstorm bitte ich unten in die Kommentare hinzufügen. Danke schonmal. Irgendwas um die 29,- Öcken und ein paar Zerdrückte. Fabrikat Kilner. (Namensnennungen sind hier nicht Werbung, sondern Erlebnisberichte. Sonst würde Kilner nämlich Humpendonk heißen, fiktiv bis ins Fruchtfleisch, aber die Firma gibt es gar nicht.)
Dina hat schon bei früheren Besuchen, wo so ein Dingensdongens bei ihr herumstand, eine Fruchtschorle aus Holunderblütensirup, mit Minzeblättchen, kredenzt. Jeder Gast, dem dürstete, konnte sich einen vom Hahn lassen. Es war ein sehr zapfiges Vergnügen. Oazapft war´s und damit leicht verfügbar. Apropos Bar.
Natürlich beschwor ich meinen Grundgeist, den freien, wie stets, um mich von Niemand einengen zu lassen. Denn wer ist schon Niemand? Sein Name ist Nobody. Vor ein paar Tagen nahm ich auf Sylt von der Firma Volvic für den Strandbesuch tagsüber ein paar Wegwerfflaschen (Scheiße) eines Wässerchens mit Gurkenextrakt und Minze. Am meisten begeisterte mich, womit ich tatsächlich ein Problem habe: Das Produkt hat KEINEN Zucker. Null, nothing, niente, nada. Nach Haus zurückgekehrt, nahm ich mir vor, eine ähnlich schmeckende, bis ins Fruchtmark unbedenkliche Moscow Mule anzusetzen, ohne Alkohol, gurkig im Abgang und fresh in der Seele (Minze). Versuchsweise nahm ich den Pürierstab (andere Geräte bei Gelegenheit) und setzte folgende Zutaten (Liste) an #Rezeptidee (wahrer Forschergeist braucht keine Vorlage, sondern gebiert sich aus dem Geist eigener Erfahrung)
1 Gurke geschält
1 weiße Zwiebel
1 Spitzpaprika
4 Lauchzwiebeln
25 Blatt Gartenminze
Pfeffer, Salz nach Geschmack
1/8tel L Zitronensaft
Ganz, ganz wichtig: keinen Zucker (genau darum geht es hier)Auch schon: Fertigprodukt “Salatkräuter” draufstreuen, im Bild zu sehen, gibt einen etwas kräuterigen Geschmack – nur wer´s mag.
Übrigens: ca. 7 Liter Leitungsheimer Spätlese (kaltes Wasser aus dem Hahn)
Alle Zutaten ausgiebig, regelrecht liebevoll mit dem Küchenmixer feinst püriert. Immer gern mit lautem, gutem Zureden. Kältest mögliches Wasserhahnwasser hinzugesetzt, umgerührt (mit Drumstick-Kochlöffel), fertig. Ab in den Kühlschrank über Nacht. Eis, Eis, Baby.
Erfahrungsbericht
Das kann man mal so machen.
Es ist schwierig, wenn es nicht fein genug püriert ist und sich auflöst, man müsste es wohl atomisieren. Fruchtfleisch bleibt Fruchtfleisch. Denn der Ablasshahn führt das Getränk nicht ordentlich ab, weil Fruchtfleisch bleibt Fruchtfleisch. Da muss ich noch an mir und meinen Künsten arbeiten.
Weniger ist mehr: Es sind zu viele Zutaten, denke ich mir.
Die Gurke hätte man wohl nicht schälen dürfen, die Schale gibt den Geschmack, nächstens mach ich das gern. Auch Gurkenschalen atomisieren. Atom Heart Cucumber.
Noch einmal: Mir persönlich ist wichtig, dass erarbeitete Getränke NULL Zuckerzusatz haben. Das ist für mich das Entscheidende. Zu sehr, merke ich seit längerem, wurde häufig dahingehend beraten, man möchte auf Zucker verzichten. Zucker ist der zu frühe Tod der Menschheit, in vielerlei Hinsicht und Diabetikern nimmt man dafür gleich ganze Beine ab, im schlimmsten Fall. Als Schlagzeuger ist das suboptimal. Zucker macht fast alles wohlschmeckend, sind wir trainiert, dass man sonst nur mit einem Naserümpfen genießen würde bekommt eine angeblich liebenswerte Konnotation. Dem Zucker entsagen, sich zu entwöhnen, ja zu entgiften und zurück zu einem natürlichen Geschmacksempfinden zu kommen, erscheint mir schon länger als ein lohnenswertes Ziel. Ich rede hier von futuristischen Tagträumen meinerseits und wie ich wohl ein paar Kilogramm loswerden könnte, wenn…
Wichtig: Ein solches Getränk richtet man sich immer mit Zeit an, vorausschauend. Es ist nicht für den Tag des Werkschaffens gemacht, sondern für den nächsten. Die Zeit gibt den Geschmack.
Das Getränk arbeitet an sich.
Es sollte unbedingt kaltgestellt werden. Kalt ist es ein Hochgenuss, auf Zimmertemperatur kann es schal wirken.
Eine wichtige Kernfrage: Nennt man das Pürierergebnis Gemüsefleisch analog Fruchtfleisch? Ich frage nicht für die Veganer. Aber wie nennen wir das?
Summa summarum bin ich trotzdem ganz zufrieden mit meinen ersten Ergebnissen. Dass ich derartige Getränke Krambambuli nenne und meinen Einfluss auf die deutschsprachige Gesellschaft hinreichend geltend mache, ließe wo möglicherweise auch die Duden-Reaktion endlich aufhorchen und das Wort in den deutschen Sprachschatz nachträglich wieder liebenswürdig einrücken. Mit etwas Mühe und wenn genügend Leser zusammenkommen und alle für mich voten, könnte es gar das Wort des Jahres 2020 werden. Und nicht Corona, Corona oder irgend so eine andere orangehaarfarbige Scheiße.
Ups, ich muss sachlich bleiben.
Die Challenge
Wär’n wir zusammen, hör‘ auf zu babbeln und zu schnaufen.
Du bist’n Babe, ich möcht‘ dein Badewasser saufen.
(Schwester S feat. Rödelheim Hartreim Projekt – “Ja, klar”)
Nun will ich aus der Kür eine Art Triumph des Willens formen, ein Pflichtenheft und den Anfang einer gutgemeinten Nahrungsumstellung. Zumindest was Flüssignahrung angeht und ich darf durchaus bemerken, sie ist nun wirklich nicht nur flüssig, sondern auch süffig. Ich wende mich an die Leser und erhoffe insgeheim Mitwirkung. Das ist glatt gelogen. Denn insgeheim kann man das nun wirklich nicht nennen. Schreibt mir in die Kommentare Eure Zutatenlisten mit Mengenangaben, von denen Ihr meint, sie könnten göttliche Gesöffe ergeben. Ich will Vorschläge gern aufgreifen und sofern es mir möglich ist, deren Zubereitung nachstellen. Jeder Eurer Kommentare muss ein wohlschmeckendes Rundumgetränk in göttlicher Convenience ergeben.
Mein Dank ist bereits draußen als Vorschusslorbeer. Ich freue mich auf befruchtende Kommentare. Falls das hier überhaupt ein Leser schafft, danke ich der Leserschaft. Also die Anderen, die eben nicht sagen: “Text? Das ist nicht so meins.” Lesen bildet. Kommentieren aber auch. Die Anderen. Verrückte Welt.
Der Spruch im Titel des Artikels entstammt einem häufig verwendeten Wortgerüst meiner Mutter († 2006 #RIP), der ich dies widme. Sie sagte diesen Satz immer wieder wie ein Mantra, eine Art modernen Lehrsatz, in dem Du die Stille sofort spüren kannst: “Trink Wasser wie das liebe Vieh und denk, Du trinkst Rangdanguli.” Ich habe ihn zu meinem Leidwesen Hunderttausende mal gehört. Jetzt kam ich auf die Idee, den Ursprung näher zu erforschen. Mutter war anders als das Internet, sie konnte solcher Sachen wegen immer wenig Quellen benennen. Wahr ist: Die Quellen dieser Weisheit liegen weiß Gott ziemlich weit zurück im Jahre 1745. Jesses Maria.
Ich entnahm in meinen Fundstellen netzweit nachträglich die falsche Aussprache des Getränks durch Mutter, die ja mangels Netzes nie nachsehen konnte, sondern auch was Krambambuli ist: Ein Wacholderschnaps, der als etwas ganz Besonderes galt, und zwar genau im Jahre anno zwirn (siehe ganz oben -hier schließt sich der semantische Kreidekreis) – Ich trink auf Mutter und den Wacholderschnaps irgendwas gedanklich: Darauf einen Dujardin. Also demnächst. Bald. Falls ich mal einen kriege. Gibt es den überhaupt noch?
Weiterführend
- Der Krambambulist: Wacholderschnapslyrik
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